Gemeinsames Frieren

In einer Mietswohnung ist man nie alleine und so muss man sich mit so manchem arrangieren….

Nachts herrschen aktuell Temperaturen von bis zu -9°C, Mittags -4°C. Das hält die neue Nachbarin unter mir aber nicht davon ab, das Fenster in Kipposition zu parken. Und zwar durchgehend und tagelang, während Madame nicht zu hause ist.

Die Mieterin über ihr, also ich, darf frösteln und habe das Nachsehen. Denn meine Bude wird noch schlechter warm als sonst – und das liegt daran, dass die über mir aktuell wenig da ist und daher wohl auch nicht heizt, und die unter mir lieber die Kälte reinlässt anstatt sie draußen zu lassen. Das Fenster war übrigens auch geöffnet, wenn sie zuhause war. Was ist das für eine junge Frau, die so gerne eiskalt lebt….? 🤔

Sind die Leute denn verrückt geworden? Frieren für den Frieden oder doch nur um Geld zu sparen?

Sparsam ist sie also, denn gar nicht zu heizen ist wohl eindeutig die günstigste Variante! Zumindest bis der Schimmel erscheint….und der kommt gerne unter solchen naßkalten Bedingungen. Manche brauchen vielleicht einfach nur gute Ratschläge, wie man richtig lüftet im Winter….kann ja sein! Ein schriftlicher Hinweis und eine Bitte meinerseits waren also nötig. Die Reaktion der Nachbarin darauf: Der Rolladen bleibt nun unten – dann kann sich niemand mehr über das geöffnete Fenster beschweren. 🤨🧐 Und bei mir oben wurde es auch nicht wärmer, also herrschen wohl weiterhin frostige Temperaturen in ihrer Wohnung…

Gerade mal 20°C bekomme ich ins Wohnzimmer obwohl die Heizung fast durchgehend läuft. Schlafzimmer und Bad erwärme ich sowieso nur nach Bedarf bzw. Notwendigkeit und nicht dauerhaft. Dafür verwende ich fleißig Raumentfeuchter. Ein Muss zur Schimmelvorbeugung und gutem Raumklima in meiner Bude. Wenn schon das Bewohnerklima nicht passt, dann zumindest mein Raumklima 😉

Was die Heizung nicht kann, ist für die Sonne ein Kinderspiel!

Meine letzte Hoffnung ist also die Sonne und nicht der Appell zur Vernunft.

An diesem Vormittag strahlte mich die Sonne von der Südseite an und ich war froh sie zu sehen, denn dann wird es immer schnell warm bei mir 😀

Kräftig wärmend leuchtete sie ins Wohn-/Eßzimmer. Was die Heizung nicht hinbekommt ist für unsere Sonne ein Klacks. In einer Stunde heizt sich der Wohnbereich auf konstante 22 Grad auf – lediglich durch die Strahlen über die Fensterfront. So eine Temperatur bekomme ich mit 2 Stunden Heizen auf 5 nicht mal hin – bei geschlossener Tür! Dafür kostet es ne Menge Geld und warm wird’s nicht wirklich.

Kopfschüttelnd saß ich auf der Couch im Sonnenbad: Der Heizkörper ist kalt aber das Zimmer pudelwarm!

Nur durch ein bisschen Sonneneinstrahlung über Glas. Der ganze Energiekrisen-Wahnsinn klang in dem Moment so absurd. Wie kompliziert diese Welt doch alles macht!

Trotz all der Kostensteigerungen und Preisentwicklungen in unserem Land, sollten wir nicht vergessen, dass es uns ‘lediglich’ bisher ‘nur’ GELD kostet – aber nicht das Leben und die Lebensgrundlage!

Über gekippte Fenster im Winter brauchen sich die Menschen im Donbass nicht zu sorgen – da gibt es nämlich gar keine mehr. Zerstört durch die Druckwellen der Detonationen oder durch direkte Einschläge des Militärs. Viele Wohnungen sind unbewohnbar geworden und täglich kommen neue dazu. Von zahlreichen Zerstörungen in den Wohngebieten von Donezk wird schon seit vielen Tagen berichtet. Der Beschuss hat an Stärke und Häufigkeit zugenommen.

Gemeinsames Frieren ist scheinbar nicht die Lösung – weder in der noch für die Ukraine. Aber diese Logik verstehen wohl nur gewisse Politiker.

Und so sitze ich in meiner Bude und weiß, dass ich es doch immer noch ziemlich gut habe, auch wenn privat vieles nicht so ist, wie ich es mir gewünscht habe. Auch dieses Weihnachten und Silvester werde ich wieder ganz alleine verbringen müssen.

Und ich vermute, vielen anderen wird es um die Weihnachts- und Neujahrszeit auch so ergehen. Aber noch schlimmer als die physische Einsamkeit ist es, wenn einem die gefühlte, innere Leere bewusst wird obwohl man in einer Partnerschaft ist. Man fühlt sich mutterseelenallein und verlassen; auch das habe ich selbst schon erlebt.

Wir brauchen kein gemeinsames Frieren – sondern Selbstliebe, Mitgefühl und viele, wärmende Herzen für diese Umbruchzeit.

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