Wo bleibt eigentlich die Dankbarkeit fĂŒr alles was wir nicht haben?
Ernst Ferstl
Ăber dieses Zitat muss man erstmal kurz nachdenken, um es nicht falsch zu verstehen. Ich vermute, die Liste fĂŒr alles, was wir NICHT haben (wollen) wĂ€re sogar lĂ€nger, als fĂŒr alles, was wir haben.
Und in dem Sinne, hat mir dieses Zitat wunderbar gefallen und mir ein Schmunzeln abgewonnen. Vielleicht auch deshalb, weil ich kurz zuvor ein kleines Telefonat mit meinem Vater hatte.
Vieles geht nicht mehr, bemerkte er. Er meinte, dass so langsam einfach seine KrÀfte schwinden.
Mein Vater ist 86 Jahre alt đ und von daher war diese Bemerkung fast schon wieder witzig in meinen Augen.
40 Jahre jĂŒnger, merke ich nĂ€mlich auch schon, dass meine KrĂ€fte nachgelassen haben im Vergleich zu frĂŒher.
Ich erinnere mich, wie ich als Jugendliche mir den Tag vorstellte, wenn mein Vater alt und sogar kleiner ist als ich und gebrechlicher. Ich konnte richtig die Macht und Kraft in mir aufkeimen spĂŒren, die ich dann hĂ€tte, wĂ€hrend er schwach und hilfsbedĂŒrftig vor mir steht. Alles kehrt sich ins Gegenteil um, irgendwann! Wohl dem, der seine Kinder gut behandelt hat….
Ihr sollt wissen, dass unser Vater öfters die Hand gegen die Frau und die Kinder erhoben hat. Ja, auch italienische VĂ€ter tun so etwas….Diese Erkenntnis, dass mein Vater irgendwann also vor MIR Angst haben wird, hat mich wirklich getragen und gestĂ€rkt innerlich, um das Drama auszuhalten. Diese Wahrheit, diesen Moment irgendwann erleben zu können, machte es ertrĂ€glicher.
Ich zögerte, ob ich das hier ĂŒberhaupt schreiben soll – aber das Leben hat eben Licht + Schatten. Und ich bin sehr dankbar, schon erwachsen zu sein und nach dieser langen Zeit, trotz allem, Liebe fĂŒr meinen Vater als Seele empfinden zu können.
Und tatsÀchlich passt hier irgendwie das schöne Zitat von E. Ferstl dazu.
Wie dankbar können wir doch sein, fĂŒr alles, was wir NICHT haben!