Kommt man mit Eigensinnigkeit zur gewünschten Freiheit?

Kommt man mit Widerstand und Eigensinnigkeit automatisch zur gewünschten Freiheit?

Ich denke nicht.

Ein heutiges Ereignis mit zwei Ameisen hat mich nachdenklich gemacht:

Ich stellte gestern eine Schale mit Äpfeln auf den Balkon, um die lästigen Fruchtfliegen nicht in die Wohnung zu holen.
Heute wollte ich dann Apfelkompott einmachen. In der Küche entdeckte ich zwei Ameisen, die in der Schale waren. Eine kleine, junge Ameise kreiste auf einem Apfel während ich ihn ständig drehte – um sie so nach draußen zu befördern. Das hat auch geklappt, denn sie blieb einfach auf dem Apfel, auch wenn es ihr nicht ganz geheuer war – sie war einfach noch jung und naiv.

Die andere, erwachsene Ameise war schlauer und ließ sich nicht so leicht einfangen. Sie mißtraute meinen Angeboten, lief nicht auf die Hand, nicht auf den Finger und als ich sie irgendwie auf die leere Verpackung bekam, ließ sie sich einfach sofort wieder todesmutig fallen. Sie landete irgendwo auf dem Teppichvorleger und ich musste erstmal angestrengt suchen, wo etwas krabbelte auf dem dunklen Boden. Na toll.

Sie war weiterhin widersinnig, dass es mich schon bald nervte. Das Ende vom Lied war: Bei dem Versuch die unkooperative Ameise einzufangen, erwischte ich sie ungünstig und verletzte sie ziemlich. Ich setzte dem Leid ein Ende und dachte: Dein Widerstand hat dich nun das Leben gekostet.

Keine Ahnung, ob dieser Vergleich passend ist. Und so manches Tier hat es ja gerade wegen seinem starken Widerstand wieder von einem Schlachttransporter geschafft. Aber das waren wohl im realen Leben die Allerwenigsten…


Kinder, die geschlagen werden, versuchen sich lieber anzupassen und zu gehorchen um der Gewalt so oft wie nur möglich zu entgehen. Sie wissen instinktiv, ein verletzter, schmerzender Körper ist schwach und anfällig. Das könnte dem Kind noch gefährlicher werden. So sammeln sie lieber innerliche Kraft und Stärke um im passenden Moment entweder zurück zu schlagen oder die Flucht zu ergreifen vor den Peinigern.

Seelische Schmerzen sind schlimm, aber zermürbender sind die körperlichen!

Letztere schwächen den Organismus und den Willen.

Seelische Schmerzen hingegen, lassen dich innerlich wachsen und stärker werden.

(Ich spreche aus eigener Erfahrung)

Wenn ich nicht gegen etwas bin, heißt das nicht automatisch, dass ich dafür bin

Soweit würde ich die Aussage akzeptieren. Doch Gott hat uns auch eine Stimme (des Herzens) gegeben, und die könnten wir doch auch einsetzen, oder? Damit meine ich nicht, dass man als Demonstrant und Bürger nur herumschreit oder Parolen hirnlos nachbrüllt, die andere vorgeben.

Man kann ja auch singend, betend oder sachlich seine Stimme in einer Gruppe erheben. Hauptsache, man äußert sie überhaupt noch in diesem Land!

Es gibt einen Buchtitel der heißt: Wer schweigt, stimmt zu

Wer wegschaut verhält sich ebenso wie der schweigende Beobachter. Da ist was dran.

Und doch mag es Situationen geben, wo man lieber schweigt, obwohl man hin sieht. Warum ist das so?

Man muss doch nicht gleich zurück schlagen, wenn man provoziert wurde und Zeuge einer unfairen Situation. Man muss auch nicht für andere sofort Partei ergreifen. Aber ab einer gewissen Eskalationsstufe sehe ich schon Handlungsbedarf – von Mensch zu Mensch, von Herz zu Herz.

Gerade für Frauen und Kinder, finde ich es beruhigend wenn es noch Menschen gibt, die sich einmischen. Wenn man belästigt, genötigt oder verfolgt würde, sollte doch jeder erkennen können, ob die Person gerade Hilfe und Unterstützung brauchen könnte! Das nennt man dann Zivilcourage – und die hat ziemlich nachgelassen, wie ich finde.

Nichts sagen oder tun kann aber manchmal vorteilhafter sein

Ein bockiges Pferd, das nicht in die Transportbox möchte, kann sich böse verletzen wenn es sich wehrt. Wenn es kooperiert, passiert ihm erstmal nichts Schlimmeres. Dieses Bild kam mir gerade dazu.

In dem man die Füße still hält, wie es so schön heißt, und die Situation erstmal annimmt als sofort in den Widerstand zu gehen, kommt man manchmal leichter durch. Wenn die Politik etwas beschließt, hat man sich eben zu fügen. Doch so sind die Spielregeln in Wirklichkeit gar nicht.

Es sind sicherlich auch die Gedanken vieler Menschen, die glauben, dass sie am kürzeren Hebel sitzen. Sich nicht einzumischen, bringt zumindest keinen Ärger für einen selbst. Aber ist das die Stimme des Bauchgefühls und des Herzens?

Es gilt also abzuwägen, welche Methode in welcher Situation die geeignetere ist und damit hilfreich für alle Beteiligten.

Ich finde, wir brauchen wieder mehr Gemeinschaftssinn, mehr Zivilcourage und Bürgerforen, die unsere Rechte schützen und uns den Rücken stärken. Das fehlt mir sehr im Alltag.

Nur mit Eigensinn und Dauerwiderstand kommen wir wahrscheinlich zukünftig nicht mehr weiter.

Die Chance steckt wohl mehr im gemeinsamen füreinander Dasein und dem Finden nach Lösungen für die Zukunft.

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