Fragt mich nicht, warum mich dieses Thema gerade etwas triggert. Vielleicht liegt es daran, weil dieses Beispiel wieder einmal die Absurdität der Besserwisserei von Parteien und Politik zeigt. Der Titel bringt diese Absurdität doch eigentlich schon auf den Punkt.
Und das ist auch so mein Aufhänger an der ganzen Geschichte ‚Pfandringe‘. Da treffen sich Parteien im Stadtrat und diskutieren darüber, ob sowas sinnvoll ist und welche Bedenken es gibt. Warum frägt man im Vorfeld nicht einfach Vereine und Hilfsorganisationen, die sich besser auskennen ob so etwas hilfreich ist? Von jenen war keiner am Tisch gewesen – aber die könnten wohl am besten berichten, wie es den Betroffenen geht und was sie bräuchten. Oder liege ich falsch mit dieser Einschätzung?
Bringt dieser Pfandring den Geldsegen? Wieviel Würde gibt er dem einzelnen Menschen zurück?
Es geht um die ‚Zielgruppe‘ Pfandflaschensucher in Deutschland, immerhin fallen etwa 980.000 Menschen darunter. Das besagt zumindest eine Hochrechnung der Pfandstudie aus 2021, durchgeführt von einer bekannten Getränkemarke. Im Zuge der Initiative Pfand-gehört-daneben kamen ein paar interessante Zahlen zu Tage, z. B. auch dass der generelle Pfandertrag der Sammler bei 0 – 4 € täglich liegt. Lediglich 1% der Sammler würde es auf 30 – 49 € am Tag schaffen. Inwieweit das der Realität entspricht, weiß ich nicht. Aber seht selbst nochmal nach wenn ihr es nachlesen möchtet, die Studie und deren Hochrechnung ist ja oben verlinkt.
Also noch einmal zusammengefasst: Wir sprechen von 4 € Tagesertrag durch Pfandflaschen-Sammeln!
Ich finde es höhnisch bis bedenklich, dass Städte Gelder aufbringen für die Anbringung von Pfandringen an Mülleimern um den Menschen ein würdevolleres Sammeln zu ermöglichen! So etwas gibt es wohl nur in Deutschland, oder? Gerade die Tage wurde wieder so ein Pfandring-Projekt genehmigt, in der Stadt Rodenberg (Niedersachsen). Dabei gibt es ja schon wie oben genannt Initiativen, z. B. einfach die Flaschen neben den Abfalleimer zu stellen und nicht rein zu werfen. Auch das würde schon sehr helfen und auch wohlwollend angenommen werden. Warum der bereits umstrittene Pfandring die Lösung sein soll, verstehe ich nicht.
Ein Pfandring kostet schätzungsweise 300 €. Die tatsächlichen Kosten sind leider, leider nicht vorhanden gewesen bei der aktuellen Antragsstellung – hieß es in diesem Beitrag: https://www.sn-online.de/lokales/schaumburg/rodenberg/rodenberg-ein-pfandring-soll-beduerftigen-das-flaschensammeln-erleichtern-C3Y2TCQJOFFFFEGTFJJ3JEUYPU.html
Dennoch wurde der Antrag angenommen und eine Testphase im Stadtgebiet Rodenberg somit bestätigt. Der Ring würde das würdelose Wühlen ersparen – so die Idee – aber natürlich nur, wenn im Ring auch etwas drin steckt und nur, wenn es kein Müll ist und nur, wenn sich die Pfandflaschen nicht andere vorher geschnappt haben. Ich denke da an Schüler oder Flüchtlinge, die eigentlich nicht zwingend darauf angewiesen wären aber wenn es schon da so praktisch aufgereiht ist, greifen manche bestimmt schneller zu.
Und so sieht er aus, der tolle Pfandring:
Bildquelle: https://www.facebook.com/Stadtverwaltung.Karlsruhe/photos/a.733700763313784/891779700839222/?type=3&ref=embed_post
Neu ist die Idee nämlich nicht, die gab es schon früher und wurde in mehreren Städten getestet. In Bamberg wurde sie 2014 erstmalig als Testprojekt eingeführt. Im Netz findet man einige Berichte darüber und schon damals fanden Bürger es besser, das Geld lieber Obdachlosenunterkünften zur Verfügung zu stellen als dafür auszugeben. Aber welcher Kommunalpolitiker interessiert sich schon für die ehrliche Meinung seiner Bürger? 🤭Daran hat sich bis heute wohl auch nichts geändert, stelle ich fest….
2019 schrieb ein bekanntes Magazin dazu: ‚Das Scheitern der Pfandringe: Die Idee ist gut – aber die Menschheit leider ignorant‚. Eine Anspielung darauf, dass überwiegend Restmüll in den Flaschenlöchern steckte, aber keine Pfandflasche.
Würde trifft auf ökologisches Design – um was geht’s hier eigentlich?
Aber vielleicht hat es ja schlicht damit zu tun, dass der einstige Designer und Erfinder dieser Idee in 2012 dafür den Bundespreis „ecodesign“ gewann, welcher vom deutschen Bundesumweltministerium und vom Umweltbundesamt initiiert wurde. Wäre doch schade, wenn dieser Bundespreis-Sieger mit seinem Produkt so selten auftaucht in unseren Städten. Immerhin spricht man hierbei von der ‚höchsten staatlichen Auszeichnung für ökologisches Design in Deutschland‘. Ich hoffe jetzt mal nicht, dass dieser Preis irgendetwas damit zu tun hat, dass man von diesem Pfandring-Projekt bis heute nicht lassen kann.
Irgendwann muss es doch klappen!
Wenn man also schon Erfahrungswerte hat seit etwa 10 Jahren und trotzdem weiter auf dieses Konzept setzen möchte, dann ist es mal wieder das traurige Ergebnis einer politischen Idee oder Ideologie – vorallem der Grünen/Bündnis90. Jene, die den Antrag im Gremium der Stadt Rodenberg überhaupt jetzt einbrachten. (Ich berichtete kürzlich darüber als Kommentar: https://lichtblick2222.de/wp-admin/edit-comments.php?p=14383&comment_status=approved)
Wie dort schon erwähnt, fände ich es würdevoller, die Altersarmut konkret und direkt anzugehen mit sinnvollen Hilfsangeboten. Und nein, ich weiß auch nicht welche das wären. Ich würde einfach DIE Menschen fragen, die davon betroffen sind und jene, die sich in der Sozialhilfe engagieren. Und ich würde mir als Stadtrat überlegen, ob die voraussichtlichen 300,- € pro Pfandring nicht besser angelegt gewesen wären. Z.B. in dem man den Flaschensammlern, Rentnern und Hilfsbedürftigen einen kleinen anteiligen Geldbetrag als Gutschein im regionalen Lebensmittelladen spendiert hätte. Keine Ahnung – aber alles besser als diese armselige Aktion mit gelben Ringen um Abfalleimer herum! DAS verhilft doch wirklich nicht zu einem würdevolleren Leben für die Betroffenen. Aber daran glauben scheinbar unsere Regionalpolitiker und Parteien. Das wiederum, finde ich armselig. Seit 2014 möchte man in Deutschland also den Menschen die Würde per Pfandring zurück geben. 10 Jahre später diskutieren wir immer noch über dieselbe Problematik, bei wachsender Armut und vielen wieder abgebauten Pfandringen nach der Testphase.
Solange wir solche Entscheidungsträger im Amt haben, brauchen wir nicht denken, dass es mit Deutschland bald wieder aufwärts geht.